Von Anfang Oktober 2016 bis Ende Januar 2017 hatte Tamara die Gelegenheit, Teil des Teams von Cáritas del Perú zu sein und eine für sie noch intensivere Facette der Arbeit von Caritas kennenzulernen. Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen.
Als Praktikantin war ich vier Monate in den verschiedenen Abteilungen von Cáritas del Perú dabei und durfte miterleben, was es heißt, bedürftigen Menschen zu helfen und Entwicklungshilfe auf erster Ebene zu leisten. Ich bekam Einblicke in unterschiedliche Spendenprojekte und Hilfsaktionen in Perus Hauptstadt Lima. Doch bevor ich auf meine Arbeit und die Projekte dort eingehe, möchte ich ein wenig über das Land Peru und seine Menschen berichten.
Peru – das Land der Weite und der Kontraste
Wer noch nicht in Peru oder einem anderen südamerikanischen Land war, der kann sich vielleicht nur schwer vorstellen, wie anders die Strukturen dort im Vergleich zu europäischen Ländern sind. Auch für mich bot sich am Anfang der klassische Kulturschock: Angefangen vom Verkehrssystem und den Einkaufsmöglichkeiten, über das Sozial- und Gesundheitssystem bis hin zum Sicherheitsaspekt und der peruanischen Mentalität. Nichts davon kann man mit den gewohnten Erfahrungen aus Deutschland vergleichen. Klar ist alles Neue auch aufregend und spannend, aber sich im bunten Großstadttrubel mit mittelmäßigen Spanischkenntnissen zurechtzufinden, war eine ordentliche Herausforderung. Wenn mich die Menschen dann nach ein paar Wochen fragten „Und, wie gefällt dir Peru? Wie findest du es hier?“, war meine Standardantwort „Riesig.“ Und das ist es auch. Denn für mich war nicht nur so beeindruckend, dass Deutschland größenmäßig bestimmt fünf Mal in Peru passt und die Landschaften unendlich weit und unbegrenzt scheinen, sondern dass alles irgendwie auch so funktioniert – ohne strikte Regeln und Ordnungen. Vor allem die Stadt Lima erscheint mit mehr als 12 Millionen Einwohnern ohne wirklich existierenden Bus- oder Stadtplan so gigantisch und unübersichtlich, dass man gar nicht drum herum kommt, sich bei den Einheimischen durchzufragen.
Während ich mich nach und nach an das Großstadtchaos an der Pazifikküste gewöhnte und mir meine Wege von hilfsbereiten und verständnisvollen Stadtbewohnern und Kioskbesitzern erklären ließ, hatte ich an den Wochenenden, auch dank unzähliger christlicher Feiertage, die Gelegenheit, das Landesinnere zu erkunden – und staunte oft nicht schlecht, wie ganz anders dort alles war. Nicht nur die Kontraste zwischen den Stadtvierteln und Wohnsiedlungen in Lima selbst verschlugen mir die Sprache: Im reichen Bankenviertel San Isidro ragen hohe Glaspalaste über die Schnellstraße hinaus und vor den Villen stehen Sicherheitsbeamte, die zusätzlich zu neuster Videoüberwachungstechnik ihren Dienst leisten. Im künstlerischen Barranco und Miraflores tummeln sich die Touristen am Strand und in modernen Einkaufszentren. Und im ärmlichen San Juan de Lurigancho leben die Menschen in ihren Blech- und Holzhütten zwischen Schuttbergen und staubigen Marktständen. Das ist die Metropole Lima, in der mehr als ein Drittel der Peruaner wohnt.
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Und dann gibt es eben noch den Rest des Landes, der im Vergleich zur Hauptstadt so viel übersichtlicher und vor allem ruhiger erscheint und an Natur so unglaublich viel zu bieten hat. In Peru gibt es alles: Wüste, Kleinstädte, Gebirge, Bergdörfer in den Anden und Regenwald. Alles erreichbar mit dem Bus innerhalb von 5 bis 25 Stunden. Kein Wunder, dass allein bei dieser Lebensraumvielfalt die Mentalität und Lebenseinstellung der Peruaner so unterschiedlich sind. Und das bedeutet auch, dass die Arbeit von Cáritas del Perú auf jeden Ort individuell ausgerichtet werden muss.
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Projekte bei Cáritas del Perú
Während meiner Zeit bei Cáritas del Perú habe ich viel gelernt und durch meine Arbeit in den unterschiedlichen Abteilungen vor allem auch viel erlebt. So wurde ich für interne Projekte eingespannt wie zum Beispiel am 5. Dezember (der Internationale Tag des Ehrenamts) für eine Mitarbeiterbefragung zum Thema „Ehrenamtliches Engagement“. Dabei erzählten uns die Mitarbeiter von Cáritas del Perú von ihren Erlebnissen und ihrer Hilfe bei Naturkatastrophen wie Erdbeben oder ihrem regelmäßigen Engagement in der Gemeinde. Zwei Videos und Fotos dazu gibt es auf Youtube und der Facebook-Seite von Cáritas del Perú.
Außerdem habe ich an einigen Kooperationsprojekten von Cáritas del Perú teilnehmen können, so auch bei einer Fotowerbekampagne für das Textilunternehmen Makyss Ccochaccasa Huancavelica, das Weberinnen in den Andendörfern unterstützt. Zwei deutsche Freunde und ich wurden also als Models engagiert und wir durften die neue Alpakaschal-Kollektion vor der Kamera präsentieren.
Ein anderes Kooperationsprojekt, was mich sehr beeindruckt hat, ist die Karlsruher Initiative „Hilfe für die Ärmsten der Armen“ von Hans-Peter Dentler, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, behinderten und körperlich benachteiligten Menschen in Entwicklungsländern wie Sri Lanka, Bolivien oder Peru zu helfen. In Karlsruhe werden seit 2002 in einem alten Kirchengebäude Rollstühle und Gehhilfen von ehrenamtlichen Rentnern zusammengeschraubt und dann in alle Welt verschifft und verteilt. Cáritas del Perú dient dabei als Ansprechstelle für die Bedürftigen vor Ort und hilft mit, die Verteilung der Hilfsgüter zu organisieren. Es war wahnsinnig ergreifend zu sehen, wie dankbar die Menschen für diese Hilfe sind.
Die meiste Zeit meines Praktikums verbrachte ich in der Abteilung „Karitative Werke“, die sich darum kümmert, Kleider- und Lebensmittelspenden, die aus der ganzen Welt kommen, an soziale Einrichtungen direkt in Lima, zu verteilen. So war ich viel im Lager unterwegs und bekam mit, welchen logistischen Herausforderungen sich Cáritas stellen musste. An Spenden ist dabei aber wirklich alles willkommen: Von Seife, Keksen und Avocados über Öl, Matratzen, Eier und Schreibtischstühle bis hin zu Joghurt, Stoffen und Militärs-Kleidung.
Vor allem Stoffe und Kleidung werden dann später zum Beispiel von Ordensschwestern weiterverarbeitet und an bedürftige Kinder verteilt oder teilweise verkauft. Aber auch für alleinerziehende Mütter bieten die sozialen Einrichtungen Ausbildungsstellen in Nähwerkstätten, während die Kinder tagsüber betreut werden.
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Einmal pro Woche war ich dann sogar selbst in solch einer sozialen Einrichtung, in einem Kinderhort, und habe Schulkindern bei den Hausaufgaben geholfen und mit ihnen gespielt. Besonders gut gefiel mir, dass ich sehen und miterleben konnte, wie die Spenden aus der ganzen Welt wirklich bei den bedürftigen Kindern ankommen. In dem Hort halfen gelegentlich auch ein paar Studenten aus, die Lehramt oder Psychologie studierten. Sie mussten Sozialstunden für ihr Studium sammeln.
Jugendliche engagieren sich
In Peru liegen die Schwerpunkte für soziales Engagement aber ganz anders als in Deutschland. Während in Europa das Flüchtlingsthema nach wie vor aktuell ist und sich Jugendliche außerhalb ihres Familien- und Freundeskreises für Bedürftige engagieren, sind es in Peru die Familien selbst, denen es an Hilfe und Unterstützung mangelt. Dort sind Familien mit mindestens drei Kindern keine Seltenheit und wenn die Mutter dann auch noch alleinerziehend ist, dann wird die Betreuung und Bildung für die Kinder zur echten Herausforderung. Und auch die pflegebedürftigen Großeltern, die im gleichen Haus leben, vereinfachen die Familiensituation nicht. Sozialversicherungen oder Arbeitslosengeld gibt es nicht. Ein Studium ist nur für die Kinder wohlhabender Peruaner möglich. Die Bildungschancen sind mehr schlecht als recht. Darum nehmen die meisten Peruaner die soziale Hilfe von kirchlichen Einrichtungen nur allzu gerne an.
Während in Deutschland ehrenamtliches Engagement fast schon „zum guten Ton gehört“ und sich natürlich unglaublich gut im Lebenslauf macht, ist es in Peru Luxus, wenn man sich außerhalb der eigenen Familie noch um Kinder oder ältere Mitmenschen kümmern kann, oder neben Schule und Nebenjob noch Zeit hat, sich für ein Umweltprojekt einzusetzen. Besonders an die Punkte Junges Ehrenamt, Gesundheit, Umwelt, Bildung und Seniorenarbeit möchte dann das neu initiierte Pilotprojekt youngcaritas Peru in den Diözesen Chiclayo, Arequipa, Tumbes/Piura, Abancay und Tacna/Moquegua anknüpfen. Noch befindet sich das Projekt in der Planungsphase, aber schon im März sollen durch Kooperationen mit Jugendeinrichtungen und Universitäten Jugendliche für mehr ehrenamtliches Engagement begeistert werden, indem sie selbst Hilfsprojekte konzipieren und ein Mal im Monat durchführen.
Ich bin froh, diese einmalige Erfahrung bei Cáritas del Perú gemacht zu haben und bin gespannt, wie es mit dem Projekt youngcaritas Peru weitergeht!
Autorin: Tamara Übelin
YES TAMARA! Super Bericht und tolle Eindrücke!
Liebe Tamara,
das war ein toller Bericht und echt super Bilder und jetzt können wir uns auch etwas besser vorstellen, was du so die letzten Monate gemacht hast. Das war bestimmt eine große Erfahrung und echte Herausforderung.
Excelente, Tamara.
Fue un gran gusto tenerte en Cáritas del Perú. Éxitos! 🙂
Hallo Tamara
ich bin beeindruckt von deinem Bericht..Man spürt beim Lesen,dass du mit Gefühl und Begeisterung ganz bei der Sache warst.Das alles sind Erfahrungen,die Spuren in deinem Herzen hinterlassen.Und das ist gut so,das öffnet den Blickwinkel,wie gut es uns hier doch eigentlich geht…herzlichen Dank…Bärbel