Rebound-Effekt

Wenn Produkte und Dienstleistungen energieeffizienter werden, also weniger Energie in ihrer Nutzung verbrauchen, dann ist das doch eigentlich gut für Klima, oder? Der Rebound-Effekt sagt da etwas ganz anderes….

Wenn Produkte und Dienstleistungen zwar energieffizient sind, aber während ihrer Nutzung trotzdem mehr Energie verbraucht wird, dann wird das als Rebound-Effekt bezeichnet. Kurz: Trotz Effizienzsteigerung kommt es zu einer Zunahme des Energieverbrauchs.

Es gibt drei Arten des Rebound-Effekts:

  • Direkter Rebound-Effekt

Beim direkten Rebound-Effekt kommt es zu unmittelbaren Veränderungen im Nutzungsverhalten: Mark kauft sich einen PKW, der weniger Benzin pro Kilometer verbraucht als sein altes Auto. Dadurch, dass er jetzt pro Kilometer einen geringeren Benzinverbrauch hat, fährt er längere Strecken, was zu einem erhöhten Energieverbrauch führt.

  • Indirekter Rebound-Effekt…

Beim indirekten Rebound-Effekt wird das Geld, dass durch energieeffiziente Produkte und Dienstleistungen eingespart wird, anderswo für Energie ausgegeben. Jule nutzt seit einem Jahr den ÖPNV und verzichtet auf ein Auto. Das eingesparte Geld gibt sie für eine Flugreise nach Mexiko aus. 

Hier spielt „Moral Licensing“ eine große Rolle. Beim Moral Licensing rechtfertigen wir unmoralisches Handeln, indem wir dieses mit moralischem Handeln „aufwerten“. In unserem gerade genannten Beispiel rechtfertig Jule also ihre Flugreise dadurch, dass sie den ÖPNV nutzt. Moral Licensing könnte auch so aussehen: Lukas achtet beim Kauf auf regionale Bio-Produkte. Dann kann er es sich ja leisten, jeden Tag Fleisch zu essen… oder?

  • Gesamtwirtschaftlicher Rebound-Effekt

Zurück zum energieeffizienten Auto aus unserem ersten Beispiel: Mark ist nicht der Einzige, der sich ein energieeffizienteres Auto zulegen möchte. Steigt die Nachfrage, erhöht sich auch die Produktion, was zu steigendem Energieverbrauch führt. Durch die Einsparung der Energiekosten pro Kilometer, fahren alle mehr Auto, wodurch das Autofahren zugleich attraktiver wird als der ÖPNV und sich nachteilig auf das Klima und die Umwelt auswirkt.

Patrilinearität

Frauen haben heutzutage weltweit immer noch weniger Rechte als Männer. Sie erleben Diskriminierungen, Sexismus, Frauenhass oder sogar Femizid. Das liegt daran, dass im Laufe der Jahrhunderte soziale und gesellschaftliche Strukturen gefestigt wurden, die das männliche Geschlecht stärken. Zu diesen Strukturen gehört die Patrilinearität.

Bei der Patrilinearität handelt es sich um die Schaffung einer männlichen Familienlinie bzw. Erbfolge. Das heißt, dass der soziale Status und der Besitz  vom Vater an den Sohn weitergeben bzw. vererbt wird. Unwichtig bleibt dabei die Linie der Ehefrau sowie ihres Vaters. In einer patrilinearen Ehe ist es also wichtig, möglichst viele Söhne zu zeugen. Weltweit leben 46 Prozent aller bekannten indigenen Völker und Ethnien patrilinear. Und von diesen leben 96 Prozent patrilokal.

Patrilokal zu leben bedeutet, dass die Frau nach der Hochzeit zu ihrem Ehemann und dessen Familie zieht. Für die Schwiegereltern ist die Patrilokalität außerdem vom Vorteil: Die Ehefrau kann sich dann um die Eltern ihres Mannes kümmern, wenn sie durch Alter und/oder Krankheit eingeschränkt sind.

Mit der Patrilinearität gehen auch bestimmte Geschlechtervorstellungen einher. In patrilinearen Gesellschaften hängt der gesellschaftliche Status der Frau davon ab, wie viele Söhne sie zur Welt bringt, um die männliche Erbfolge zu sichern. Um sicherzustellen, dass die Ehefrau treu bleibt und keine Kinder mit anderen Männern zeugt, gibt es in patrilnearen Kulturen oft Regeln und Vorschriften für das Zusammenleben zwischen Männern und Frauen.Zu diesen Vorschriften zählen zum Beispiel Einschränkungen der Frau beim Ausgehen, Verhüllung von Frauen, Geschlechtertrennung bei gemeinsamen Veranstaltungen wie einem Familienessen.

Auch krass: Im Bürgerlichen Gesetzbuch gab es bis 1957 den Paragrafen § 1354, der auch als Gehorsamkeitsparagraph bekannt war. In diesem stand: „Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.“

Durch die Patrilinearität wurden und werden in verschiedenen Ländern heute immer noch Söhne bevorzugt. Das heißt im Umkehrschluss: Frauen und Mädchen sind benachteiligt. Sie bekommen weder ein Erbe oder Eigentum noch lohnen sich für ihre Familien zeitliche und materielle Aufwendungen in ihre Töchter, da sie nach der Hochzeit das Familienhaus verlassen. 

Wie hängt das alles mit der anfangs genannten Ungeichstellung zwischen Mann und Frau zusammen, die wir heute noch erleben? Diese Ungleichstellung ist ein Nährboden für: 

  • ein niedriges Heiratsalter der Mädchen sowie Zwangshochzeiten, um sie schnell aus dem Haus zu bekommen 
  • Ermordung der Töchter, einfach weil sie weiblich sind –> Stichwort Femizid
  • Frauenhass und Diskriminierungen, die die Frauen entwerten
  • Bildung von Geschlechterhierarchien

Allyship

In unserer Gesellschaft kannst du wegen unterschiedlicher Merkmale und Eigenschaften privilegiert sein, wie zum Beispiel Alter, sexuelle Orientierung, Behinderung, Religion oder Hautfarbe. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass es viele Gruppen gibt, die diese Privilegien und Vorteile nicht haben und Diskriminierung erleben. In diesem Zusammenhang kommt Allyship ins Spiel…

Zuerst einmal: Was ist ein Ally? Der Begriff „Ally“ stammt eigentlich aus der Militärsprache und bezeichnet eine:n Verbündete:n. Bei einem Ally handelt es sich um eine Person, die über Privilegien verfügt und sich für unterrepräsentierte Personengruppen einsetzt, die diese Vorteile nicht haben. Allyship ist also ein politischer Begriff, der sich seit den 1990er Jahren in den USA und besonders seit 2010 auch in Deutschland im politischen Aktivismus festgesetzt hat. Er wird genutzt, um Solidarität auszudrücken.

Im Zentrum von Allyship stehen Macht- und Ungleichverhältnisse zwischen privilegierten und marginalisierten Gruppen. Das Ziel des Allyships ist es, die diskriminierenden Machtstrukturen zu bekämpfen und zu beseitigen. 

Allyship – was kann ich machen?**

Allyship wird häufig als aktive Praxis beschrieben. Das eigene Handeln ist also entscheidend! Ein erster Schritt ist es, sich den eigenen Privilegien und den Unterdrückungsmechanismen bewusst zu werden: Warum und inwiefern profitiere ich mehr als andere Menschen? Eine Beobachtung des eigenen Verhaltens und der Sprache kann helfen, eigenes diskriminierendes Handeln oder Sprechen zu erkennen. Aktiv kannst du außerdem werden, indem du gegen Diskriminierungen im Alltag vorgehst, wenn du Zeug:in dieser wirst. Eigene Privilegien kannst du nutzen, um beispielsweise Kontakte herzustellen oder Treffen zu organisieren. Auch ein Austausch mit Betroffenen kann helfen Diskriminierungen im Alltag besser zu erkennen und Einblicke in Gedanken und Gefühle der Gruppe zu bekommen.

Das Konzept Allyship wurde in den letzten Monaten aber auch kritisch beleuchtet. Die Rede ist dabei von „optical allyship“. Das heißt, dass ein Mensch zwar öffentlich Solidarität bekundet (etwa durch Postings in den sozialen Medien oder vor Freunden), diese Handlungen aber nicht darüber hinausgehen. Stattdessen wird diese Aufmerksamkeit als positive Selbstdarstellung genutzt, um sich in ein besseres Licht zu rücken. Vertreter:innen der Black-Lives-Matter-Bewegung kritisierten beispielsweise die vielen Postings auf Instagram zum Hashtag #blackoutuesday, weil viele Menschen sich auf das Teilen eines Posts beschränkten und nicht darüber hinaus aktiv wurden.

** Diese Aufzählung ist weder komplett noch stellt sie eine Anleitung dar, um ein „guter“ Ally zu sein. Wir haben hier einige Anregungen zusammengefasst, auf die wir während der Recherche am häufigsten gestoßen sind. Wenn du dich weiter informieren möchtest, dann schau mal bei HateAid unter www.hateaid.org/allyship vorbei.

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Erzählende Affen – welche Geschichte erzählst du?

Das Buch "Erzählende Affen"

Bei guten Geschichten bin ich sofort dabei – und deswegen habe ich mich schon sehr darauf gefreut, Erzählende Affen von Samira El Ouassil und Friedemann Karig zu lesen! Ob Rassismus, das Bild der Frau, Verschwörungstheorien oder Donald Trump – die beiden blicken hinter Geschichten, Mythen und Lügen, die wir uns tagtäglich erzählen. Was mich an diesem Buch so gefesselt hat und warum es für jede:n für uns wichtig ist, erzähle ich euch in dieser Rezension!

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Was haben die Bibel und Pretty Woman oder Donald Trump und Angela Merkel gemeinsam? Sie alle erzählen Geschichten. Und mal ehrlich gesagt – gute Geschichten, wer liebt sie denn auch nicht?  Geschichten sind überall um uns herum, waren immer schon da und begleiten uns auch weiterhin. Sie stecken eigentlich in allem, was uns umgibt: in Filmen, unseren liebsten Fernsehsendungen, Radio, Videospielen, Musik, Instagram, in Gesprächen mit unseren Nachbarn, in Kunstwerken …

Ihr seht schon, diese Liste lässt sich noch um einiges verlängern und das zeigt nicht nur wie wichtig Geschichten für uns Menschen sind, sondern auch, welche Macht sie über uns als einzelne Person aber auch als Gesellschaft haben. Denn Geschichten und Erzählungen können stärker sein, als es auf den ersten Blick scheint. Sie unterhalten oder erhellen uns nicht nur, sie wirken auch unterschwellig, können unser Denken beeinflussen und tragen dazu bei, wie wir unsere Wirklichkeit letztendlich gestalten.

„Wir denken und leben in Geschichten. Sie stecken in Worten und Bildern, in Büchern und Filmen, im Theater und in Videospielen, in jeder und jedem von uns.“ (S. 213)

Dieser Meinung sind die beiden Autor:innen Samira El Ouassil und Friedemann Karig, die uns Leser:innen in ihrem Buch Erzählende Affen auf eine wirklich spannende Reise durch die eindrücklichsten, mächtigsten aber zugleich auch erschreckendsten Erzählungen unserer westlichen Gesellschaft führen. In ihrem Buch, das 2021 beim Ullstein Verlag erschienen ist, hinterfragen die beiden sachlich aber zugleich auch unterhaltsam formuliert, Erzählungen, Mythen und Geschichten von der Antike bis zur Gegenwart. Im Zentrum stehen dabei die Narrative – Kerne der Erzählungen, die sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg durchgesetzt haben und in Geschichten unserer heutigen Zeit immer noch auftauchen. El Ouassil und Karig erörtern im Laufe ihres Buches zuerst, warum wir Menschen überhaupt Geschichten erzählen, führen uns kurz und knackig aber leicht verständlich an bekannte Erzählmuster und Kategorien heran und – das ist der spannendste und größte Teil des Buches – nehmen Narrative unter die Lupe, die heute Populärkultur, Politik und Massenmedien bestimmen – und genau das macht das Buch auch so kurzweilig, denn die Beispiele, die die beiden zur Erklärung benutzen, kennen wir alle!

So führen uns die beiden in ein dominierendes, erzählerisches Konstrukt – die Heldenreise – ein. Unfreiwillig, meist durch das Auftreten eines unerwarteten Konflikts bricht der Held aus seiner gewohnten Umgebung in die weite Welt auf und muss sich mit Hilfe von Mentor:innen, Freunden und Mitstreiter:innen schließlich dem Antagonisten stellen, um siegreich nach Hause zurückzukehren. So sind Geschichten aufgebaut, die jede:r von uns kennt, sei es Harry Potter, Der Herr der Ringe oder auch Mulan. Und auch in Informations- und Nachrichtendiensten tauchen Aspekte der Heldenreise immer wieder auf.

„Sprache [kann] nicht nur ausgrenzen, sondern sogar destruktiv sein. Sie hat jedoch auch eine schöpferische Kraft, durch die neue Wirklichkeiten erschaffen werden können.“ (S. 155)

Bei ihren Schilderungen machen El Ouassil und Karig dann auch folgendes klar: Sprache ist bei jeder Erzählung DAS Werkzeug und dabei nicht zu unterschätzen. Hier nennen die beiden ein eindrückliches Beispiel: das Wort „hautfarben“. Wer hat jetzt auch zuerst an ein helles beige gedacht? „Das Wort ist hierbei Ausdruck einer gesellschaftlichen Selbsterzählung, in welcher alles außer Weiß als Abweichung gilt“ (S. 155), so die Autor:innen. Dieser Grundgedanke verpackt in einem einzigen Wort schließt also ganze Personengruppen aus und ich finde es wirklich krass, wie sich dieses Denkmuster in unserem Gehirn festgesetzt hat, dass wir bei „hautfarben“ meistens sofort an Weiße Haut denken, als an eine andere Farbe. Es kommt also nicht nur darauf an Was erzählt wird, sondern auch Wie es erzählt wird.

Und das führt uns schon zum spannenden Teil des Buches. Die Autor:innen nehmen uns mit auf eine Reise durch verschiedene „Märchen für Erwachsene“ (kurz: MfE) und legen damit starke und zugleich gefährlichen Narrative offen, die derzeit unser Denken, wenn nicht sogar unsere Welt bestimmen.

„Von diesem Glauben an unseren potenziellen Erfolg und an die Idee, dass wir ganz allein für unseren Erfolg verantwortlich sind, profitiert unser gesamtes Gesellschaftssystem – und insbesondere unsere Wirtschaft.“ S. 253

Eines der ersten MfE‘s ist mir in meinem Leben immer wieder begegnet und ich glaube, ich bin damit nicht allein. Es lautet: Jeder ist seines Glückes Schmied … Wie oft hast du dieses Sprichwort schon gehört? Oder hast gedacht: Wenn ich nur hart genug arbeite und genug Energie reinstecke, dann werde ich … erreichen? Dass jede:r sich seinen/ihren eigenen Platz an der Sonne verdienen kann, erscheint doch eigentlich auch plausibel. Bei unserer heutigen Leistungsgesellschaft, die immer mehr fordert und Druck aufbaut, ist dieses System, das sich übrigens Meritokratie nennt, aber ein gefährliches Narrativ. Denn es impliziert auch: Wer nichts erreicht oder scheitert, ist schlicht und einfach selbst daran schuld. Wobei das überhaupt nicht so ist: „Die meritokratische Auffassung verkennt, dass die Zusammenhänge zu Bildung, Berufen und Beziehungen nicht allen gleichermaßen zur Verfügung stehen.“ Wenn ich also ein bestimmtes Ziel nicht erreiche, liegt es nicht unbedingt an mir, denn darauf machen die Autor:innen aufmerksam: Viele gesellschaftliche Strukturen wirken (leider) immer noch mit, wie beispielsweise der Status der Eltern.

„Weiße Menschen haben sich eine Geschichte gebaut, in der sie verdienen, dort zu sein, wo sie sind; und in der andere selbst schuld daran sein müssen, dass sie sich in schlechteren Positionen befinden.“ (S. 258)

Ein weiteres MfE, das mich wirklich sprachlos zurückgelassen hat, ist, was El Ouassil und Karig als „Erfindung des Schwarzseins“ bezeichnen. Und hier kommt die Heldenreise wieder ins Spiel, besonders die Schaffung eines Antagonisten – in diesem Fall die Schaffung eines „Anderen“. Die Autor:innen machen darauf aufmerksam, dass die Bezeichnung „Menschenrasse“ eine Fiktion ist – und zwar eine Fiktion, die schlicht und einfach auf Erzählungen beruht. Sprachlos zurückgelassen haben mich die Erzählungen aus dem Jahr 1352, in denen schon berichtet wurde, wie Schwarze Menschen gezielt durch falsche Erzählungen als die Anderen, als primitive oder auch kannibalistische Menschen inszeniert wurden, um sich selbst (als Weiße Gesellschaft) in eine bessere und überlegenere Position zu bringen und die Sklaverei zu rechtfertigen … Das Traurige und Erschreckende daran, ist nicht nur, dass es damals schon funktioniert hat, sondern die Fiktion der Menschenrassen bis heute immer noch in vielen Denkmustern zu finden ist.

„Die Vorstellung von der Frau als hinterhältigem Wesen mit verstärkten Motiven und dem Mann als triebgesteuerter Marionette zieht sich weiterhin durch Märchen, Mythen, Popkultur und Journalismus.“ (S. 355-356)

Ein weiteres MfE, das mich wirklich sehr zum Nachdenken angeregt hat, sind die Narrative rund um die Frau. Die Autor:innen zeichnen einen spannenden Weg von der Bibel bis zu Pretty Women und legen verschiedene Erzählmuster über Frauen offen, die heute noch in gefühlt jeder Netflix-Romanze reproduziert werden. Hier nur einige ihrer Beispiele: Die weibliche Sünde (abgeleitet von Eva, die im Paradies von der verbotenen Frucht nascht und zum Nährboden der Misogynie wird), die verführende Frau, die vom Mann veredelte Frau oder auch die gefährliche Frau, die ihre Sexualität als Waffe einsetzt, um Männer zu manipulieren. Auch krass: Wusstest du, dass es eine Gruppe von Männern gibt, die sich als Incels bezeichnen, was für involuntary celibate steht – also Männer, die glauben, dass sie  unfreiwillig enthaltsam leben müssen, weil sie von Frauen immer zurückgewiesen werden? Diese Männer glauben an die geschlechtliche Überlegenheit des Mannes und reproduzieren Mysogynie – einfach gruselig…

„Dieses Narrativ – wähle deine Liebe genau aus und bleibe dabei! – wurde zur vorherrschenden Schablone unserer amourösen wie sexuellen Vorstellungen und gleichzeitig unserer populärsten Geschichten.“ S. 354

Aber auch die Monogamie wurde von den beiden Autor:innen als MfE bezeichnet, als Märchen, dass in der Monogamie die einzig wahre Form der Liebe sieht. Und ich muss ehrlich sagen, dieses Narrativ hat sich auch in meiner Denkweise verfangen. Warum? Weil ich bisher nur Geschichten (Filme, Serien, Bücher aber auch Familie) konsumiert habe, die die Monogamie als das einzig wahre Liebesglück definieren. Und warum ist das so? Weil es von Epoche zu Epoche, von Jahrhundert zu Jahrhundert so weitergegeben wurde.

Neben diesen MfEs hat das Buch noch viele weitere zu bieten: Welche Tiefengeschichte haben die USA und Deutschland? Warum kam Donald Trump an die Macht? Warum sind Verschwörungserzählungen so hoch im Kurs? Warum sind Klimaerzählungen in Film und Fernsehen zum Scheitern verurteilt? Und natürlich die Frage aller Fragen: Sind wir überhaupt noch zu retten? Und falls ja, wie? Lest einfach selbst rein, lasst euch überraschen, blickt hinter Vorhänge und findet heraus, mit welchen Märchen ihr bereits konfrontiert wurdet. El Ouassil und Karig haben mit Erzählende Affen ein ultimativ spannendes Sachbuch geschrieben, dass mich gefesselt und an vielen Stellen sprachlos zurückgelassen hat. Witz, Sarkasmus aber auch Ernst wechseln sich ab und bescheren die ein oder anderen „Aha“ und „Oha“ Momente.  Mit ausführlich recherchierten Beiträgen und anschaulichen Beispielen trägt das Buch dazu bei zu verstehen, warum Geschichten eine so große Macht über uns haben und wie sie im Alltag in den Medien funktionieren. Aber nicht nur das: Das Buch regt zum Nachdenken an. Zum Nachdenken darüber, welche Geschichten und Erzählungen wir selbst für wahr hielten, was wir über uns selbst erzählen und wie wir in Zukunft vielleicht besser erzählen können und sollten …

Judith Heruc
youngcaritas Deutschland

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