Framing

Unser Gehirn verbindet Wörter mit Erinnerungen, Gefühlen und Sinneswahrnehmungen. Das heißt: Jedes Wort löst Bilder in uns aus.

Nehmen wir zum Beispiel das Wort „Meer“: Wenn wir das Wort hören oder lesen, denken wir vielleicht an unseren letzten Besuch am Meer riechen wir Salz und Seetang hören das sanfte Rauschen der Wellen spüren den körnigen Sand fühlen wir Emotionen, die wir mit diesen Eindrücken und Gedanken verbinden.

Wir verbinden also mit Wörtern bestimmte Gedanken und Gefühle. Diese werden als Deutungsrahmen (Frames) bezeichnet. Framing (dt. rahmen, einrahmen) beschreibt, wie wir Informationen wahrnehmen, mit welchen Worten (Frames) diese übermittelt werden und was wir mit diesen Worten assoziieren.

Framing ist ein wichtiges Werkzeug von Politiker:innen, denn durch die verwendeten Wörter und Formulierungen beeinflussen die Politiker:innen, wie wir eine Information einschätzen und welche Meinung wir uns dazu bilden. Informationen sind immer vorgefiltert und bereits in einen bestimmten Frame eingebettet. Durch eine gezielte Betonung oder auch das Weglassen bestimmter Informationen wird eine Wertung vorgenommen und ein Interpretationsrahmen festgelegt.

Hier einige Formulierungen, die eigentlich das Gleiche beschreiben, aber ganz verschieden wirken:

Das Glas ist halbleer vs. Das Glas ist halbvoll

80 Prozent Überlebenschance vs. 20 Prozent Sterberisiko

Der gleiche Inhalt löst durch die Wortwahl unterschiedliche Emotionen und Gedanken aus. Die Wortwahl legt also den Frame fest, in dem sich unser Denken abspielt.

Weitere Beispiele aus der Politik:

Flüchtlingswelle

Der Begriff „Flüchtlingswelle“ hat sich besonders im Jahr 2015 im Zuge einer Migrationsbewegung im alltäglichen Sprachgebrauch festgesetzt und beschreibt auf den ersten Blick erstmal viele Menschen, die auf der Flucht sind. Problematisch ist das Wort „Welle“, mit dem sich eher negative Assoziationen verknüpfen: Eine Welle türmt sich auf, ist groß und unkontrollierbar. Somit suggeriert eine „Flüchtlingswelle“ einen massenhaften Ansturm fremder Menschen, der bedrohlich wirkt. „Flüchtlingswelle“ ist also negativ aufgeladen. Wertfreier wäre beispielsweise die Bezeichnung Migrationsbewegung.

Klimawandel

Der Begriff „Klimawandel“ ist in aller Munde. Das Wort wird in Regierungsdokumenten, wissenschaftlichen Abhandlungen und der Berichterstattung verwendet – dabei ist er nicht wirklich passend. Ein Wandel suggeriert einen langsamen und stetig voranschreitenden Prozess. Das Wort vermittelt: Das Klima verändert sich ja schon seit 5 Milliarden Jahren – Eiszeiten und Wärmeperioden kommen und gehen – so ist es nichts besonderes, wenn sich das Klima auch weiterhin verändert. „Klimawandel“ klingt nicht nach den tatsächlichen bedrohlichen Prozessen, die wir Menschen ausgelöst haben. Die Ursache-Wirkungs-Beziehung fehlt. Um die Dringlichkeit des Problems, das uns alle in großem Maße betrifft, zu betonen, ist also passender von einer „Klimakrise“ zu sprechen – gegen Krisen muss man handeln!

Ein Fazit:

Wo immer wir Menschen miteinander kommunizieren und Medien konsumieren findet Framing statt. Welche Formulierung verwendet wird, um Informationen und Wissen zu vermitteln, entscheidet, wie wir über eine Sache denken, rein aufgrund des Frames, der verwendet wird. Frage dich also, warum gerade dieses oder jenes Wort gewählt wird! Wir finden, Medien:schaffende sollten verantwortungsvoll mit den Frames umgehen, die sie verwenden und das Thema Framing transparenter machen.

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Intersektionalität

Intersektionalität bezeichnet das Zusammenspiel von mehreren Diskriminierungsformen bzw. Unterdrückungsmechanismen.

Soziale Kategorien wie etwa…

  • Geschlecht
  • Herkunft
  • Alter
  • Behinderung

…sind also eng miteinander verwoben.

Schau dir diese Kreuzung von zwei Straßen an.

Die beiden Fahrbahnen stellen jeweils eine soziale Kategorie dar. Auf beiden Straßenseiten kann es zu Unfällen in Form von Diskriminierungen kommen. In der Kreuzungsmitte besteht die größte Diskriminierungsgefahr: Während beispielsweise Weiße Frauen von Sexismus betroffen sein können, können so bei Frauen of Color Diskriminierungen von beiden Seiten (Herkunft und Geschlecht) gleichzeitig auftreten.

Das Konzept hinter Intersektionalität stammt aus der afrofeministischen Bewegung und verbreitete sich besonders in den 1970er Jahren in den USA und Europa. Frauen of Color kritisierten, dass die Feministinnen bloß die Interessen weißer Frauen vertreten würden.

Der Begriff Intersektionalität und das Beispiel mit der Straßenkreuzung stammen von der US-amerikanischen Juristin Kimberlé Crenshaw. Sie kritisierte damals die US-amerikanischen Antidiskriminierungsgesetze, die beispielsweise Rassismus und Sexismus isoliert voneinander behandelten. Sich überschneidende Formen von sexistischer und rassistischer Diskriminierung von BIPoC wurden dadurch nicht berücksichtigt.

Die beiden Kreuzungen aus dem Beispiel können sich um viele weitere gesellschaftliche Kategorien (Alter, Klasse, sexuelle Identität) erweitern, wodurch viele neue Schnittmengen und auch Diskriminierungskategorien entstehen. Wir selbst befinden uns auf diesen Linien, verfügen aber über unterschiedlich viele Privilegien und Macht.

Jede Person kann mehreren Diskriminierungsformen gleichzeitig ausgesetzt sein, die sich für jede:n anders äußern und anfühlen: Eine homosexuelle Frau of Color macht unterschiedliche Alltagserfahrungen als ein homosexueller Weißer Mann. Eine Weiße junge Frau mit Behinderung macht andere Erfahrungen im Alltag als ein älterer Weißer Mann mit Behinderung.

Intersektionalität soll also helfen, die strukturellen, sich überschneidenden Diskriminierungsformen sichtbar zu machen und das Zusammenspiel der unterschiedlichen Kategorien besser zu verstehen.

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Critical Whiteness

Hast du dich als Weiße Person schonmal gefragt, was deine Hautfarbe eigentlich für dich bedeutet? Ob du einen bestimmten Job oder eine Wohnung nicht bekommen hast, weil du Weiß bist? Wohin du als Weiße Person sicher in den Urlaub fahren kannst? Ob du heute rassistische Handlungen aufgrund deiner Weißen Hautfarbe erfahren wirst? – Nein? Dann erlebst du vermutlich White Privilege…

White Privilege bezeichnet die unhinterfragten und oft unbewussten Vorteile Weißer Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe. Das heißt: Sie müssen im Alltag nicht über ihre eigene Hautfarbe nachdenken. Die Antirassismus-Aktivistin Peggy McIntosh beschreibt diese Privilegien deshalb auch als „invisible knapsack“ – als unsichtbaren Rucksack!

Das Weiß-Sein ist für so viele Menschen normal, weil es eine gesellschaftliche Norm darstellt! Weiße Menschen sind überall präsent und werden überall abgebildet. Hier nur einige Beispiele:

  • in Zeitungen/Medien
  • in Chefpositionen
  • in Lehrstühlen an Unis
  • oder auch im Bundestag

Das Weiß-Sein ist in der Gesellschaft also als dominant zu verstehen. BIPoC* werden demgegenüber als das „Andere“ inszeniert. Dafür gibt es auch eine Bezeichnung, nämlich Othering. Dabei sind Weiß und Schwarz nicht als Beschreibung einer Hautfarbe aufzufassen! Sondern als historisch hervorgebrachte, gesellschaftlich konstruierte und politisch wirksame Kategorien.

Critical Whiteness (dt. kritisches Weißsein) ist ein Ansatz der Antirassismusbewegung, der dazu dienen soll, die Privilegien Weißer Menschen sichtbar zumachen, die Auswirkungen ihrer Privilegien aufzuzeigen und die Menschen dafür zu sensibilisieren. Dafür gibt es beispielsweise verschiedene Workshops für Privatpersonen und auch für Unternehmen, Vereine sowie Verbände. Critical Whiteness Studies gibt es übrigens als Forschungsdisziplin seit Mitte der 1980er Jahre in den USA und seit 2005 in Deutschland. Wichtige Beiträge lieferte die Schriftstellerin Toni Morrison, die sich beispielsweise in ihrem Essay „Playing In The Dark: Whiteness and the Literary Imagination“ unter anderem die Frage stellt, wie BIPoC in der Weiß dominierten Literatur inszeniert wurden.

* BIPoC ist eine positiv konnotierte, politische Selbstbe-zeichnung für von Rassismus betroffene Personengruppen und steht für Black, Indigenous und People of Color.

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Femizid

Im Jahr 2020 wurden 139 Frauen in Deutschland durch ihren Expartner oder Partner ermordet. Jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland seine Partnerin oder Expartnerin umzubringen. Jeden dritten Tag gelingt es ihm.

Femizid bezeichnet die gezielte Ermordung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. Zumeist handelt es sich bei den Tätern um Männer. Einem Femizid gehen häufig vermehrter Missbrauch, Drohungen oder auch sexuelle Gewalt voraus. Femizide sind häufig geprägt von geschlechterhierarchischen Denkmustern.

Die WHO unterscheidet vier Formen des Femizids:

Femizid im Namen der Ehre: Die Ermordung einer Frau durch Familienmitglieder wegen eines Fehlverhaltens des Opfers (z.B. Ehebruch), um die Ehre der Familie wiederherzustellen. Schätzungsweise werden weltweit pro Jahr 5000 Morde im Namen der Ehre ausgeführt.

Intimer Femizid: Die Ermordung einer Frau durch einen Intimpartner wie etwa der (Ex-)Ehemann oder (Ex-)Freund.

Nicht-intimer Femizid:Bei dieser Form des Femizids werden Frauen von Tätern ermordert, die in keinem intimen Verhältnis zueinander stehen und/oder sich gar nicht kennen. Ein Motiv kann Frauenhass sein.

Mitgiftbezogener Femizid: Frisch verheiratete Frauen werden von ihren Schwiegereltern aufgrund von Uneinigkeiten in Verbindung mit der Mitgift getötet (z.B. wenn die Mitgift nicht hoch genug ist).

In Deutschland hat das Thema Femizid keine hohe Priorität. Das liegt unter anderemdaran, dass wenig Bewusstsein für das Thema in der Politik eingeräumt wird sowie an einer lückenhaften statistischen Erfassung und ungenauen Studien über Femizide. Zudem gibt es in Deutschland strukturelle Probleme, Femizide zu verhindern – wie etwa ungeschultes Polizeipersonal oder fehlende Plätze in Frauenhäusern. Das macht es den Opfern schwerer, ihren Tätern zu entkommen. Erschreckend ist außerdem die Rechtssprechung:  Der deutsche Bundesgerichtshof hat 2019 folgendes entschieden: Wenn das Opfer sich vor der Tat vom Täter getrennt hat, kann dies strafmildernde Umstände für den Täter haben.

Medien berichten häufig über Femizide, indem sie diese als „Familiendrama“ oder „Beziehungstat“ bezeichnen. Das ist allerdings problematisch, weil durch Begriffe wie „Familie“ und „Beziehung“ eine positive Betitelung mitschwingt und Täter und Opfer nicht direkt benannt werden. Außerdem werden geschlechtsspezifische Denkmuster und Macht-positionen kaum aufgegriffen. Deswegen beschloss die DPA im Jahr 2019 den Mord von Männern an Frauen auch als solchen direkt zu benennen.

Spanien machts besser…

2004 verabschiedete das spanische Parlament ein Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt. 2017 wurde der Schutz von Frauen vor Gewalt sogar zu einer Staatsaufgabe mit hoher Priorität! Das Thema ist verpflichtend im Lehrplan an Schulen verankert. Zudem wird Geld in Forschung und in das Gesundheitswesen investiert.

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Hier könnt ihr euch eine kurze Dokumentation des ZDF über Femizid anschauen.