Zivilen Ungehorsam

Beim zivilem Ungehorsam unternehmen Menschen eine gewaltfreie, symbolische Aktion, die bewusst einen politischen bzw. rechtlichen Verstoß mit sich bringt. Bei rechtlichen Folgen sind sie bereit, die Konsequenzen zu tragen. Das Ziel ist, auf Missstände aufmerksam zu machen und eine Veränderung herbeizuführen. Ziviler Ungehorsam unterbricht alltägliche Abläufe und soll politische Diskussionen anstoßen.

Die Diskussion um den zivilen Ungehorsam ist uralt und kam schon in Schriften der Antike vor. Der amerikanische Philosoph Henry Thoreau prägte 1849 den Begriff des zivilen Ungehorsams in seinem Essay Civil Disobedience.Thoreau ging damals selbst in den Protest, indem er keine Steuern mehr zahlte, um seine Kritik an der Sklaverei sowie dem Krieg der USA mit Mexiko zu äußern.

Aktuelle Beispiele des zivilen Ungehorsams in Deutschland sind Aktionen von Klimaaktivisti. Es gab zwei Aktionen, bei denen Aktivisti die Glasscheiben vor Gemälden mit Lebensmitteln beworfen und sich dann festgeklebt haben. Aktivisti haben Straßenblockaden organisiert – diskutiert wurde, ob in Berlin einer verunglückten Radfahrerin zu spät geholfen werden konnte.

Die Aktionen der Klimaaktivisti brechen im Sinne des zivilen Ungehorsams Regeln und stören den Alltag. Ihr Argument: Der Schaden durch ihre Aktionen sei gering im Verhältnis zum Schaden durch die Klimakrise. Da der Großteil der Bevölkerung die Klimakrise verdrängt, ist ihr Ziel, auf die drohende Menschheitskatastrophe aufmerksam zu machen und Mitmenschen sowie die Politik zum Handeln aufzufordern.

Kritik an den Aktionen

Die Handlungen der Demonstrierenden seien undemokratisch, nicht angemessen und kriminell, so der Vorwurf. Sogar von Klima-Terrorismus ist die Rede. Bei den Straßenblockaden können Sicherheits- und Rettungskräfte bei ihrem Einsatz behindert und somit Menschen gefährdet werden. Ein Vorwurf lautet, die Aktivisti würden sich über die Mehrheit der Bürger:innen und den Rechtsstaat stellen.

Die Frage ist also: Sind die Handlungen der Aktivisti legitim, also rechtmäßig, oder nicht? Der Journalist Bernd Ulrich hat sich in einem Essay in der Wochenzeitung Die Zeit mit den aktuellen Aktionen der Klimaaktivist auseinandergesetzt. Er sagt: Damit die Aktionen der Aktivisti legitim sind, müssen zwei Kriterien des zivilen Ungehorsams nach dem Philosophen Jürgen Habermas erfüllt sein.

Aktionen sind legitim, wenn… (nach Jürgen Habermas)

Die Aktivisti sind bereit sich zu stellen. Das zeigt, dass sie den Rechtsstaat respektieren. Sie wollen die Mehrheit überzeugen, nicht aber das Ziel erzwingen. Das schließt Blockaden und Sachbeschädigung nicht aus, sagt Bernd Ulrich, darf aber nicht in einem „Erzwingungswettbewerb“ mit dem Staat enden – das wäre sonst wie Bürgerkrieg. Wichtig: Auch eine grundsätzlich legitime Aktion muss immer begründet und erklärt werden. Und, unbedingt erforderlich: Gewaltfreiheit!

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert