Meritokratie

Jeder ist seines Glückes Schmied … So lautet ein altbekanntes Sprichwort. Wer viel leistet, hat es also verdient, mehr zu bestimmen, als jemand der weniger leistet. Dieser Grundsatz ist die Basis einer Meritokratie. Bei dieser handelt es sich nämlich um eine Gesellschaftsform, in der die gesellschaftliche Stellung einer Person von ihrer persönlichen Leistung (Meriten) abhängt. Damit steht sie im Unterschied zur Aristokratie (von Geburt) oder Demokratie (vom Volk).

Der Begriff Meritokratie stammt vom Soziologen Michael Young . Er beschreibt in seiner Satire The Rise of Meritocracy (1958) eine Gesellschaft, die sich vollkommen dem Leistungs­ideal verschreibt. Ziemlich gruselig – will man nicht haben! (fand er)

Auch Friedemann Karig und Samira El Quassil beschäftigen sich in ihrem Buch „Erzählende Affen“ mit der Meritokratie. Sie finden: „Auf der Erzählung der Meritokratie – Erfolg durch Arbeit – basiert die gesamte ökonomische und soziale Selbsterzählung der westlichen Leistungsgesellschaften. Sie ist heute vielleicht das wirkmächtigste Märchen für Erwachsene überhaupt.“ 

„Von dem Glauben an die Idee, dass wir ganz allein für unseren potentiellen Erfolg verantwortlich sind, profitiert unser gesamtes Gesellschaftssystem (…) weil ich davon ausgehe, dass ich mir einen Platz an der Sonne verdienen kann.“

Nicht jeder Mensch hat nämlich die gleichen Zugänge zu Bildung, Berufen und Beziehungen. Meistens hängt der Zugang zu eben diesen Institutionen und Stellungen besonders in westlichen Gesellschaften vom Status der Eltern ab.

Soziale Ungleichheit lässt sich also nicht ohne Weiteres aus Begabung, Leistung oder Talent ableiten. Nur leider vergessen die meisten, dass sie es nicht allein waren, die für ihren Erfolg verantwortlich sind, sondern ganz viel Glück dabei ist. Wer nicht so viel Erfolg hat, ist nicht automatisch „selbst Schuld“.

„Kann ich doch nichts dafür, dass meine Eltern eben mehr Geld und Status hatten!“ Das stimmt zwar, aber sollten wir alle die Meritokratie in Frage stellen:

„Ist es mein Verdienst, dass ich in einer Gesellschaft lebe, die die Talente, die ich zufällig habe, wertschätzt? Das Beharren darauf, dass mein Erfolg mein Verdienst ist, macht es schwer, sich in die Lage anderer Menschen zu versetzen. Die Rolle des Glücks im Leben zu würdigen, kann eine gewisse Demut hervorrufen“, sagt Michael J. Sandel in „Das Ende des Gemeinwohls“.

Wir finden: Nicht nur wer Erfolg hat, hat das Recht ein gutes Leben zu führen und gesellschaftlich wichtig zu sein.

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Tragik der Allmende

Stellen wir uns folgendes vor: Fünf Bauern nutzen gemeinsam eine Weide auf der sie ihre Kühe grasen lassen können. Damit sich der Boden regenerieren kann, darf jeder Bauer vier Kühe auf die Weide lassen. Jeder Bauer profitiert somit von der Nutzung der Weide. Was wäre, wenn einer der Bauern langfristig doppelt so viele Kühe auf die Weide treiben würde?

Dann ziehen auch die anderen Bauern mitKeiner möchte im Nachteil sein. Jeder Bauer treibt also acht Kühe auf die Weide. Der Boden kann sich dadurch nicht mehr ausreichend erholen. Stattdessen wird er überlastet und verdorrt – Eine Tragik der Allmende.

Unter Allmende versteht man Güter, die jedem Menschen zur Verfügung stehen. Eine synonyme Bezeichnung ist Gemeindegut. Das wären beispielsweise Wiesen, Parks oder auch frei zugängliche Gewässer.

Allemendegüter zeichnen sich durch zwei Kriterien aus:

  1. Sie können von jeder Person genutzt werden.
  2. Es liegt jedoch meistens eine Rivalität in der Nutzung vor. Die Nutzung von einer Person beeinträchtigt also die Nutzung einer anderen Person.

Die Tragik der Allmende (engl. tragedy of the commons) bezeichnet die ineffiziente und überbelastete Nutzung von frei zugänglichen aber begrenzten Ressourcen.  Dabei spielt das Merkmal der Rivalität eine große Rolle. Mit einer Überbeanspruchung von Ressourcen kann kurzfristig der persönliche Vorteil maximiert werden. Der Gemeinnutzen des Gutes wird dadurch aber auf lange Zeit minimiert, indem es irgendwann gar nicht mehr nutzbar ist.

Blicken wir nochmal auf unser Beispiel mit der Kuhweide: Die Bauern, die doppelt so viele Kühe grasen lassen, maximieren kurzfristig ihren eigenen Nutzen, da sie mehr Kühe zur gleichen Zeit füttern können als zuvor. Der Nutzen für die Gemeinschaft der Bauern geht aber langfristig gegen Null, da der Boden überansprucht wird und somit irgendwann für keinen mehr nutzbar ist.

Ein einschlägiges Beispiel stellt außerdem die Überfischung dar. Die Rivalität um die Fischbestände des Meeres führt zu einer Überlastung des Ökosystems und schließlich zur Dezimierung der Fischpopulationen.

Wie kann man einer Tragik der Allmende entgegensteuern? 

Zum einen  durch staatliche Gebühren oder Quoten. Dadurch wird die Nutzung des Allmendegutes mit Kosten versehen oder in seiner Nutzungsmenge beschränkt. Zum anderen durch Privatisierung. Der/die Eigentümer:in verlangt einen Preis für die Nutzung des Gutes und überwacht den Konsum. Eine weitere Option ist die Selbstverwaltung des Problems. Die betroffene Personengruppe (Gemeinden, Städte etc.) regelt die Nutzung selbst – etwa durch die Ertragsaufteilung oder das Aufstellen von eigenen Nutzungsregeln.

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Ein spannendes Video zur Tragik der Allmende gibts außerdem auf dem YouTube-Kanal von maiLab:

 

Aufmerksamkeits-Ökonomie

Kommt dir das bekannt vor?

Digitale Medien ermöglichen eine schnelle Nachrichtenproduktion und -verbreitung, wodurch du scheinbar immer auf dem neusten Stand bleibst. Informationen gibts also im Überfluss und wir müssen unsere Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Nachrichten aufteilen. Aufmerksamkeit wird dadurch zu einem knappen Gut. 

Die Inhalte, die wir sehen, lesen und hören können sind deswegen darauf ausgelegt, möglichst viel Aufmerksamkeit von uns Nutzer:innen zu generieren, was beispielsweise durch die Emotionalisierung wie Clickbait gelingt. Denn Aufmerksamkeit bringt Reichweite und diese wiederum bringt Umsatz. Dadurch wird auch Verschwörungstheorien und Populismus eine Plattform geboten.

Durch die Nachrichtenmengen, die tagtäglich über uns hereinbrechen, kann Überforderung entstehen. Informationen überschlagen sich, werden nicht vollständig recherchiert oder sogar frei erfunden. Außerdem können bestimmte Nachrichten einfach untergehen, indem sie beispielsweise auf eine Emotionalisierung verzichten und mit der Aufmerksamkeitsökonomie nicht mithalten können.

Eine Strategie der Aufmerksamkeitsökonomie zu entgehen ist ganz einfach die Flucht, indem man vermeiden Nachrichtendienste und soziale Medien meidet. – Aber Flucht muss nicht sein. Es gibt auch Gegenkonzepte wie die Initiative Nachrichtenaufklärung e.V., welche Themen sichtbar machen, die von den Massenmedien vernachlässigt werden. Ein weiteres Gegenkonzept ist der entschleunigte Journalismus. Dieser setzt sich zum Ziel, Themen längerfristig sowie ausgiebig zu recherchieren und auch dann noch darüber zu berichten, wenn die Massenmedien damit schon durch sind.

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Kognitive Dissonanz

Kognitive Dissonanz – ein Begriff aus der Psychologie, der auch im Zusammenhang mit der Klimakrise öfter mal fällt. Eine kognitive Dissonanz tritt dann auf, wenn unsere Einstellung bzw. Werte und unsere Handlungen im Widerspruch zueinander stehen. Die daraus resultierende Spannung kann einen negativen Gefühlszustand auslösen.

Nehmen wir mal ein Beispiel: Klimaschutz und Fleischkonsum: Jasmin ist bewusst, wie schlecht es um unser Klima steht und befürwortet daher den Klimaschutz. In der Zeitung liest sie, dass der Fleischkonsum für 14,6 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist. Aber trotzdem isst sie immer noch regelmäßig Fleisch. Ihre Handlung steht also im Gegensatz zu ihrer Einstellung. 

Wie kann man einer kognitiven Dissonanz entgegensteuern?  Da gibts zum einen die selektive Wahrnehmung – also eine gezielte Informationsbeschaffung, die das eigene Handeln rechtfertigt beispielsweise durch den Konsum ausgewählter Medien oder gezielten Suchanfragen im Netz. In unserem Beispiel könnte das so aussehen: Jasmin recherchiert mit gezielten Suchbegriffen nach Informationen, die das Gegenteil behaupten und findet Beiträge, die aufzeigen, dass das Fleisch essen gar nicht so schlimm fürs Klima sei…

Eine weitere Möglichkeit eine kognitive Dissonanz loszuwerden ist die Schuldzuweisung. Die Motivation (Schuld) für das eigene Handeln wird also bei jemand oder etwas anderem gesucht. Jasmin könnte die Schuld ihrer Familie zuschreiben: „Zu Hause kocht meine Familie fast jeden Tag Gerichte mit Fleisch. Ich kann also gar nichts dafür, dass ich soviel Fleisch esse.“

Eine dritte Möglichkeit ist, das eigene Verhalten zu verändern. Jasmin reflektiert ihr Essverhalten und beginnt, fleischlose Alternativen in ihre Ernährung einzubauen, um ihren Fleischkonsum schrittweise zu reduzieren.

Das eigene Verhalten zu ändern, ist wahrscheinlich die herausforderndste Methode, da sie Disziplin und Selbstreflexion erfordert – sie stellt aber zugleich auch die wirksamste Methode dar, der kognitiven Dissonanz einfürallemal entgegenzusteuern.

Drei Formen der Dissonanzreduktion:

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